Veranstaltung: | 41. Bundesmitgliederversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 4.3. Inhaltliche Anträge |
Antragsteller*in: | Lena (CampusGrün Hamburg) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 03.07.2020, 14:21 |
A3: Solidarsemester statt Krise auf unserem Rücken!
Antragstext
Die Corona-Pandemie trifft uns Studierende in voller Härte. Ende Juni haben
bundesweit bereits 1,2 Millionen von uns mindestens einen Nebenjob verloren. Das
sind 40% aller Studierenden – wobei in knapp 70% der Studis auf einen Nebenjob
angewiesen sind. Die Verschuldungsangebote und jetzt neu finanziellen
Trostpflaster der Regierung können und wollen die fatalen Folgen der Krise für
Studierende nicht abfedern. Viele können ihre vorher schon unverschämt hohen
Mieten kaum noch bezahlen und sogar Tafeln melden eine erhöhte Nachfrage von
Studierenden.
Doch nicht nur die finanzielle Not, auch das Onlinesemester stellt uns
Studierende vor Herausforderungen – viele Veranstaltungen fallen aus, die
Lernbedingungen sind schlecht, der Austausch mit Kommiliton*innen fällt weg,
gleichzeitig bleiben die Leistungsansprüche gleich. Zusammen mit der noch
prekäreren finanziellen Lage als sonst erhöht dies den Druck auf uns Studis
extrem. Für viele bedeutet das eine Verlängerung der Studienzeit – was an sich
kein Problem darstellen sollte, wird durch Modulfristen, den an die
Mindeststudienzeit gekoppelten BAföG-Anspruch und auch das restriktive
Aufenthaltsrecht für internationale Studis schnell zur realen Bedrohung. Neben
einer umgehenden Verbesserung der sozialen Lage und einer Abschaffung von
Restriktionen in der Studienorganisation braucht es auch dringend Konzepte, um
eine Öffnung der Hochschulen nach gesundheitspolitischen Standards zu
ermöglichen.
Es reicht! Wir fordern umfängliche Soforthilfen, krisenfeste Bedingungen und
einen Stopp des künstlichen Normalbetriebs auf unserem Rücken! Keiner*m
Studierenden darf die Pandemie zum Nachteil werden. Wir fordern: jedes Semester
unter diesen Pandemiebedingungen muss ein Solidarsemester sein!
Konkret fordern wir eine Verbesserung der Lage aller Studierenden in Not:
Existenzsicherung:
- Umfängliche, unbürokratische Soforthilfen für Studierende, die den
Lebensunterhalt decken und allen Studierenden, die sich aktuell in einer
finanziellen Notlage befinden, als Zuschuss zukommt
- Eine sofortige Öffnung des BAföG, als muss allen Studierenden ohne
Einschränkung als Vollzuschuss zukommen.
- Den wenigen Studierenden, die BAföG bekommen, muss die Zusage um
mindestens ein Jahr verlängert werden, gleiches gilt für Stipendien zur
Studien- und Promotionsförderung
- Studiengebühren und Semesterbeiträge sind allen Studierenden in
finanzieller Not umgehend für das Sommersemerster 2020 und alle weiteren
unter Pandemiebedingungen zu erlassen. Dies gilt auch für bereits
gestundete Beiträge
- Die Ansprüche auf bereits bewilligte Fördermittel, z. B. Auslands-BAföG,
Erasmus-Gelder etc. müssen bestehen bleiben. Bereits ausgezahlte
Fördermittel dürfen nicht zurückverlangt werden.
- Weder bei Krankenkassen noch beim Kindergeld dürfen Studierenden Nachteile
entstehen. Die Pandemiezeiten dürfen sich nicht negativ auf die Ansprüche
der Studierenden auswirken
- Mieten für Wohnheimsplätze sind auf Antrag der Studierenden umgehend
auszusetzen. Bund und Länder sind in der Verantwortung die Mietforderungen
auszugleichen.
Beschäftigung an den Hochschulen
- Die Zeit des eingeschränkten Hochschulbetriebs darf nicht auf die
Befristungsdauer von wissenschaftlichen und studentischen Beschäftigten
nach WissZeitVG angerechnet werde
- Verträge und Zusagen müssen aufrechterhalten werden. Alle Verträge werden
um mindestens ein Jahr verlängert.
- Honorare, Gehälter und Löhne sind vollumfänglich zu zahlen – auch wenn
Teile der vereinbarten Leistungen pandemiebedingt nicht erbracht werden
können.
Internationale Studierende
- Internationale Studierende müssen Zugang zu Soforthilfen und dem BAföG
erhalten.
- Der Finanzierungsnachweis für Internationale Studis muss ausgesetzt werden
und der Aufenthaltstitel verlängert werden, ohne Anrechnung des
Wintersemesters 19/20 sowie des Sommersemesters 2020 und ggf. folgenden.
- Arbeitserlaubnisse für Internationale Studierende sind umgehend
unbürokratisch zu erteilen.
- Nachweise beim Hochschulzugang müssen nachgereicht werden können und
erteilte Zusagen für Studienplätze müssen auch für weitere Semester
bestehen bleiben.
Studienorganisation
- Alle Bewerbungsfristen sind angemessen zu verschieben, sodass ausstehende
Nachweise zur Bewerbung zum Master- und Bachelorstudium erbracht werden
können
- Der Vorlesungszeitraum muss so verkürzt werden, dass die Lehrenden
angemessene Vor- und Nachbereitungszeit haben, um qualitativ hochwertige
Online-Studienangebote bereitzustellen.
- Für Studierende sind die Nachteilsausgleichs- und Härtefallregelungen
angemessen zu erweitern, um individuelle krisenbedingte Nachteile, z. B.
eingeschränkte Internetzugänge, parallele Sorgeverpflichtungen, etc.
auszugleichen.
- Studierende müssen die Möglichkeit erhalten, den Bedingungen und Inhalten
angepasste Prüfungs- und Studienleistungen zu erbringen. Dabei ist durch
die Hochschulen zu gewährleisten, dass der Erwerb von
Leistungspunkten/ECTS auf die spezifische Situation der Studierenden
angepasst wird und Studierenden keine Nachteile durch den umgestellten
Lehrbetrieb entstehen.
- Auslaufende Studienordnungen und -gänge müssen in Abstimmung und im
Einvernehmen mit den Dozierenden um ein Semester verlängert werden.
- In Studienordnungen, die zwingend aufeinander aufbauende Veranstaltung
enthalten, muss dieser Zwang für die nächsten drei Semester entfallen.
- Zwangs-Exmatrikulationen müssen ausgesetzt werden.
- Für verpflichtende Praxissemester und -phasen sind flexible Regelungen
insbesondere bei dualen Studiengängen, Lehramtsstudiengängen,
Studiengängen der Sozialen Arbeit und anderen Studiengängen mit
staatlicher Anerkennung zu schaffen, um den frühestmöglichen
Berufseinstieg bzw. Beginn des Vorbereitungsdienstes zu ermöglichen. Im
Falle von ausfallenden Praxissemestern sollte die Möglichkeit von
semesterbegleitende Praxisphasen geprüft werden.
- Die Hochschulen müssen sicherstellen, dass eine kostenlose Ausleihe an
Bibliotheken weiterhin möglich ist oder, wenn dies gerade nicht der Fall
ist, so schnell wie möglich wieder eingeführt wird.
- Aus dem Wintersemester nachgeholte Prüfungen müssen je nach
Vorbereitungspensum frühzeitig angekündigt werden und dürfen keinesfalls
verpflichtend durchgeführt werden.
- Die Prüfungslast darf sich nicht gegen den Willen der Studierenden durch
im Sommersemester/Wintersemester nachgeholte Prüfungsleistungen, welche
aktuell verschoben werden, erhöhen.
- Prüfungen, die nur jährlich im Sommersemester angeboten werden, müssen
zusätzlich im Wintersemester 20/21 angeboten werden.
- Alle Prüfungsfristen und automatischen Nichtbestehensregelungen sind
auszusetzen und um mindestens ein Semester zu verlängern.
- Alle Prüfungsversuche im Sommersemester werden als Freiversuche gewertet,
d.h. sie werden im Falle des Nichtbestehens nicht gezählt und können im
Falle des Bestehens zur Notenverbesserung wiederholt werden. Dies gilt
insbesondere auch für Prüfungen, die von staatlichen Behörden veranstaltet
werden.
- Aussetzung von Anwesenheitspflichten
- Die krisenbedingten Anpassungen der Hochschulen müssen nicht bundesweit
einheitlich gestaltet sein. In jedem Seminar jedoch unterschiedliche
Abgabefristen wahren zu müssen, führt jedoch zu Unklarheit und damit
Unsicherheit bei Studierenden. Stattdessen muss es überall transparente
und faire Maßnahmen geben.
- Den Studierenden, die einen internationalen Studienabschnitt
(„Auslandssemester“) nicht antreten konnten bzw. abbrechen mussten, sollte
ermöglicht werden, dass sie gleichberechtigt Zugang zu den (Online-)
Lehrangeboten des Sommersemesters 2020 haben.
- Für verpflichtende Studienabschnitte im Ausland sind Nachholmöglichkeiten
oder Ersatzleistungen zu gewährleisten.
Digitale Lehre
- Es ist durch Länder und Hochschulen sicherzustellen, dass alle
Studierenden die notwendigen technischen Voraussetzungen zur Verfügung
haben, um uneingeschränkt am digitalen Lehrangebot teilhaben zu können.
- Open-Source-Werkzeuge sollen der Standard an Hochschulen werden. Zudem
soll in der Lehre verstärkt auf Open-Access-Materialien zurückgegriffen
werden.
- Bei allen digitalen Lehrformaten muss zudem immer die Inklusion der
Studierenden mitgedacht werden.
Hochschuldemokratie
- Die erkämpften demokratischen Hochschulstrukturen dürfen im Pandemiefall
nicht umgangen werden. Sitzungen der Gremien müssen im Regelfall in
Präsenz ermöglicht werden und dürfen nur bei unumgänglichen Hindernissen
digital stattfinden. Die Hochschulöffentlichkeit ist zu jedem Fall zu
wahren.
- Für die Bewältigung der Coronakrise fordern wir, dass in allen
Krisenstäben der Hochschulen mindestens ein*e Teilnehmer*in aus jeder
Statusgruppe beteiligt sein muss
- Gremien oder Organisationen, die im Hochschulbereich Empfehlungen geben
oder Entscheidungen treffen, sollen proaktiv auf Studierendenvertretungen
zugehen und deren Perspektive einbinden
Ausfinanzierung
- Die Länder müssen die Hochschulen ausfinanzieren, um eine solidarische
Krisenbewältigung langfristig zu ermöglichen.
- Das Studierendenwerk muss durch die Länder so ausfinanziert werden, dass
es seinem Sozialauftrag umfassend nachkommen kann und die Studierenden
dies nicht länger selbst finanzieren müssen.
Dafür kämpfen wir als campusgrün an den jeweiligen Hochschulen und als
Bundesverband solidarisch im Bündnis Solidarsemester 2020!
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